Zum Inhalt springen
Forschen

Forschungsprojekte und Kooperationen

In seiner Wurzel ist das Museum Naturalienkabinett eine ausgewiesene Forschungssammlung, deren Verständnis Grundlage jeglicher Vermittlung ist. Dank intensiver Vernetzung mit renommierten Kooperationspartnern wird die Sammlung immer weiter erforscht. 

Aktuelle Projekte

Kooperation mit der Uni Jena: Besucher- und Nicht-Besucherbefragung

Vom 01.10.-31.12.2023 findet in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Klassische Archäologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine umfangreiche Besucherbefragung statt: Junge Menschen ab 16 Jahren und Erwachsene sind eingeladen, ihre Meinung, Ideen und Anregungen zum Museum einzubringen. Die dazu entwickelten Fragebögen stehen ab Sonntag, 01.10.2023 zu den regulären Öffnungszeiten im Museum Naturalienkabinett zur Verfügung. Ihre Rückmeldung ist wertvoll, denn wir möchten auch in Zukunft abwechslungsreiche und interessante Angebote für Sie bereithalten.

Gesucht werden außerdem Erwachsene, die das Museum Naturalienkabinett (noch) nicht kennen und für ein kurzes Telefoninterview zur Verfügung stehen. Zur Vereinbarung eines Gesprächstermins melden Sie sich bitte bei Nick Petukat von der Universität Jena (Email: nick.petukat@uni-jena.de, Tel.: 03641 944805). Wir freuen uns auf Sie!

Die im Museum Naturalienkabinett durchgeführte Besucher- und Nicht-Besucherbefragung ist Teil des mehrjährigen Forschungsprojekts „Klein, aber fein. Forschung für eine gelingende Kulturarbeit in Museen und Ausstellungen in ländlichen Räumen“ des Lehrstuhls für Klassische Archäologie der Universität Jena, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

 

Digitalisierung der Tageszeitung "Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger"

Sie gehört zu den wichtigsten Quellen der schönburgischen und insbesondere der Waldenburger Geschichte: Die Tageszeitung "Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger" wurde zwischen 1878 und ca. 1944 im Verlag des Waldenburger Verlegers Emil Kästner herausgegeben. In der stadtgeschichtlichen Sammlung des Museums liegt die Zeitschrift fast vollständig vor und umfasst die Jahre zwischen 1878 und 1932. Sechsmal wöchtenlich erschien das Blatt und berichtete vom Weltgeschehen als auch lokalen politischen und kuriosen Begebeneheiten. Erst mit Beginn des Nationalsozialismus reißt die Überlieferung fast völlig ab: Nur einzelne Tagesausgaben der Zeitung und ihrer Beilagen liegen bis zum 16. April 1939 vor. Für HistorikerInnen, die sächsische Landesgeschichte und die Waldenburger Stadt- und Fürstengeschichte ist die Zeitung dennoch ein nahezu unerschöpflicher Fundus, der aufgrund der enorm großen Nachfrage komplett digitalisisert werden soll.. 

In einem ersten Teilschritt wurde die vollständige Aufnahme der Bände inklusive bibliografischer Angaben wie Umbenennungen und ähnliches vorgenommen. Bis 2024 soll die Digitalisiserung abgeschlossen sein, um die Zeitschrift öffentlich im Internet zur Verfügung zu stellen und damit zugleich den historischen Bestand zu schonen. 

Der große Dank der Museumsleitung für die ehrenamtliche Arbeit bei diesem Projekt geht an Herrn René Fleischer und die Schülerinnen Tessa Sturm und Elena Hertel.

Nachlass des Waldenburger Kunstreformers Moritz Meurer

Der gebürtige Waldenburger Moritz Meurer (1839-1916) darf als ein heute zu Unrecht noch unbekannter Protagonist einer kunstgewerblichen Reformbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts gelten. Ein von ihm entwickelter Ansatz des Studiums der Pflanzenformen und ihrer Tektonik als Grundlage für das zeitgenössische Kunstgewerbe und Design wurde im Deutschen Kaiserreich etwa in der Kunstgewerbeschule Berlin implementiert und immerhin für die Kunstgewerbeschule Dresden diskutiert. Sein grafischer und malerischer Nachlass mit Zeugnissen seines privaten künstlerischen Schaffens, vor allem aber zu seinen Lehrmaterialien umfasst ca. 6000 Verzeichnungseinheiten. 1942 wurde der Nachlass von Meurers Witwe, die Italienerin Giselda Mona Meurer (1872- ca. 1945), an die Stadt Waldenburg verkauft. Treibende Kraft für den Ankauf war der Waldenburger Bürgermeister Kurt Schmidt, der im ehemals fürstlichen Marstall Waldenburg eine dauerhafte Präsentation anstrebte, die jedoch nie realisiert wurde. 

Meurer lernte bei den bedeutenden Künstlern Ferdinand Ludwig Schnorr von Carolsfeld (1788-1853) und Ludwig Richter (1803-1884) in Dresden. Bis 1883 war der ausgebildete Dekorationsmaler als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Berlin für die Bereiche Dekorationsmalerei und Flachornamentik tätig und wirkte damit in der Hochphase des Deutschen Historismus. Zahlreiche seiner Wettbewerbsentwürfe für Innenraumgestaltungen, aber auch Publikationen etwa zur Ornamentik auf italienischer Majolica der Renaissace zeugen eindrücklich davon.  

Später verlegte Meurer seinen Wohnsitz nach Rom und bereiste Italien, Griechenland und Ägypten. Für den in eine Krise geratenen Kunstgewerbeunterricht, der noch dem sklavischen Kopieren historistischer Ornamente verhaftet war, entwickelte er ein neues Lehrkonzept: Im Zentrum stand das geradezu wissenschaftliche Studium lebender Pflanzen und stark vergrößerter Pflanzenteile sowie Pflanzenornamente auf und an antiken Kunstwerken. Zu diesem Zweck nutzte Meurer nicht nur Mikroskope oder erstellte eigene Herbarien, sondern liess auch von seinem Schüler, dem Kunstgießer und Modelleur Karl Blossfeld (1864-1932), Pflanzenmodelle und Fotografien von stark vergrößerten Pflanzenformen herstellen. Meurer verlegte zahlreiche Publikationen zu seinem Ansatz im Verlag Gerhard Kühtmanns in Dresden und präsentierte seine Arbeiten ebenso öffentlich. Die Ausstellung "Die Pflanze in ihrer dekorativen Verwertung", die 1903 am Kunstgewerbemuseum Leipzig stattfand, bot eine Gesamtschau auf das große Phänomen, in der auch Meurers Arbeiten zu sehen waren. Keineswegs unumstritten wuchs Meurers zeitgenössische Anerkennung dennoch: Peter Berehns (1868-1940), Direktor der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und herausragender Architekt sowie Designer, schickte sein Lehrpersonal zur Unterweisung zu Meurer nach Rom. Von der internationalen Vernetzung Meurers zeugt etwa auch die Bekanntschaft zum ägyptenaffinen Botaniker Georg Schweinfurth (1836-1925), mit dem er speziell über ägyptische Pflanzenmotive korrespondierte. Erst mit der Gründung des Deutschen Werkbundes 1907 und einer neuen Auffassung von einer „Form ohne Ornament“ begann Meurers Bedeutung für das Kunstgewerbe zu sinken.

Langfristiges Ziel ist die Kooperation mit einschlägigen Partnern zur Aufarbeitung und Ausstellung des umfassenden Nachlasses. Wichtige Partner sind das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das über weitere Meurer-Objekte sowie die Meurer-Bronzen verfügt. Zusammen mit dem Ägyptischen Museum der Universität Leipzig und dem Studenten Kar Pietrek konnten seit 2021 rund 250 Fotografien Meurers mit Ägyptenbezug inhaltlich aufgearbeitet werden.  Ein Teil des Nachlasses fließt in die Dissertation der Kunsthistorikerin Angela Nikolai ein, die sich insbesondere mit dem Lehrkonzept Meurers befasst. 

Beim Betrachten des Meurer-Nachlasses in Waldenburg, v.l.n.r.: Klara Nemeckova, Clara von Engelhardt, Kerstin Stöver (alle SKD), Fanny Stoye; nicht im Bild: Katja M. Mieth und Tom Frisch, Sächsische Landesstelle für Museumswesen; Foto: Sächsische Landesstelle für Museumswesen

Abgeschlossene Projekte

Provenienzforschung

Eine heikle Sammlung? Koloniales Erbe im Naturalienkabinett

Vor dem Hintergrund der seit Jahren geführten Debatte um das koloniale Erbe in deutschen Museen finden seit 2019 auch im Naturalienkabinett Recherchen zur Provenienz der Sammlung von Ethnografica statt. Diese Recherchen stießen nicht nur einen Diskurs zur Relevanz des Themas auch in kleineren Museen an. Das Naturalienkabinett erhielt für 2021 außerdem eine Förderung durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, um die Provenienz seiner Ethnografica in einem eigenen Forschungsvorhaben untersuchen zu können.  

Ging man lange davon aus, dass es sich hierbei um harmlose „Souvenirware“ der Fürsten von Schönburg-Waldenburg handeln würde, kam im Zuge erster Recherchen ein gänzlich anderer Aspekt zum Tragen. Die knapp 150 Ob­jek­te wurden offenbar von Missio­nar:in­nen in den deut­schen Ko­lo­ni­al­ge­bie­ten ge­sam­melt und gin­gen dann an das Fürs­ten­haus von Schön­burg-Wal­den­burg über. Dass die Fürstenfamilie ein weitreichendes Netzwerk zu verschiedenen evangelischen Missionen pflegte, ist wenig bekannt, aber nicht unproblematisch. So konnte die wissenschaftliche Forschung der letzten Jahre klar auf die zwiespältige Rolle der Missionen in der (deutschen) Kolonialzeit verweisen, die ebenso Teil und/oder Unterstützer der Kolonialregierung(en) sein konnten, die an der europäischen Kulturhoheit gegenüber „Eingeborenen“ und der Auflösung indigener Kulturen festhielten, hierbei selbst disziplinierend auftraten oder in Gewaltkontexte und Genozide wenigstens am Rande oder sogar unmittelbar eingebunden waren.

Vordergründiges Ziel ist es, die Erwerbsumstände von 150 ausgewählten Ethnografica möglichst detailliert zu erforschen. Dafür müssen die Verflechtungen der Fürstenfamilie von Schönburg-Waldenburg zu den kolonialen Strukturen ihrer Zeit und den von ihnen unterstützten Missionen und den Missionaren rekonstruiert werden. Es gilt, klare Unrechtskontexte und gewaltsame Konflikte zum Zeitpunkt des „Sammelns“ eines Objekts zu identifizieren, die vorliegenden Verdachtsmomente möglichst eindeutig zu klären, im Falle nachweisbarer gewaltsamer Hintergründe eine mögliche Restitution vorzubereiten sowie alle Objekte der Sammlung mit aktuellem Forschungsstand im Netz und damit weltweit zugreifbar zu veröffentlichen.

 

Provenienzforscher: Dr. Lutz Mükke, provenienzforschung@waldenburg.de

Projektleitung: Fanny Stoye, f.stoye@waldenburg.de

Das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderte Projekt endete zum 31. Mai 2022. Einen Bericht zu den Forschungsergebnissen finden Sie in Kürze an dieser Stelle. 

 

Besucherin schaut im Treppenhaus des Museums auf Wand mit Ethnografica

Aktuell: Waldenburger Provenienzforscher recherchiert in Tansania

Mit rund 300 digitalen Fotos von Waldenbuger Ausstellungsobjekten im Reisegepäck ist Provenienzforscher und Afrikanist Dr. Lutz Mükke zum Jahreswechsel 2021/22 nach Tansania gereist, um mit Missionaren, tansanischen Museumsmitarbeitern, Galeristen und Ältesten-Vertretern der Massai und Dschagga über die Waldenburger Sammlung zu reflektieren. „Die spannenden Treffen förderten teils Erstaunliches zu Tage. Einige Wissenslücken konnten geschlossen werden und es bestätigte sich einmal mehr, wie wichtig persönliche Treffen und der Austausch zwischen den Kulturen sind“, berichtet Lutz Mükke.

Seit Sommer 2021 erforscht Lutz Mükke im Museum Naturalienkabinett – Waldenburg die Herkunft von etwa 150 ethnografischen Objekten – Waffen, Skulpturen, Schmuck, Mumien und Alltagsgegenstände aus mehreren Kontinenten, vornehmlich aus Afrika. Um zu klären, unter welchen Umständen, auf welchen Wegen und in welchen Kontexten die Ausstellungsgegenstände nach Waldenburg kamen, führten ihn seine Recherchen zunächst in Archive und Bibliotheken in Deutschland. Mittlerweile ist er aber auch im Gespräch mit Vertretern sogenannter „Herkunftsgesellschaften“, um mehr Licht ins historische Dunkel zu bringen.

Die Forschungen förderten unter anderem zu Tage, dass das Fürstenhaus Schönburg-Waldenburg intensiv protestantische Missionswerke unterstützte, etwa die Herrnhuter Brüdergemeine oder das Leipziger Missionswerk. Zudem gehörte das Fürstenhaus zu den frühen Unterstützern kolonialer Aktivitäten in Preußen und im deutschen Kaiserreich. Die Motivationen der international gut vernetzten und zum deutschen Uradel zählenden Schönburg-Waldenburger scheinen dabei vielschichtig: Der lutherische Glaube und Missionsauftrag spielte dabei wohl ebenso eine tragende Rolle wie das Kalkül, Investitionen in diverse Kolonial-Aktiengesellschaften und -Unternehmungen würden wirtschaftliche Rendite abwerfen.

Während der aktuellen Recherchen in Tansania, von 1885 bis 1918 die Kolonie Deutsch-Ostafrika, konnte wertvolles Kontext- und Objektwissen zu etlichen Waldenburger Ausstellungsstücken erarbeitet werden. Im Einzelfall kam dabei auch Verblüffendes ans Licht. Beispielsweise zum Set „Giftpfeile“, das im Naturalienkabinett ausgestellt ist. „Die angeblichen Pfeile sorgten für schallendes Gelächter unter den Massai. Denn diese Hölzchen nutzen sie bis heute als Zählstäbchen für eines ihrer Gesellschaftsspiele. Wer am Ende davon am meisten hat, hat gewonnen“, berichtet Lutz Mükke und ordnet ein: „Das Exotische, Gefährliche, Fremde, Wilde und Abenteuerliche war für Kuriositätenkabinette und aus ihnen hervorgegangene Völkerkundemuseen über Jahrhunderte das Non plus Ultra. Damit lockte man Publikum. Es zählte eben die Faszination des fernen Anderen. Und nicht das profane Holzstäbchen, das man zum Spielen so ähnlich auch selbst nutzte.“ Zwar habe das in Waldenburg sicher niemand absichtlich falsch zugeordnet und beschriftet, interpretiert Lutz Mükke. Aber oft hätten ethnografische Ausstellungen eben mehr über die Ausstellungsmacher und Sammler zu erzählen als über die Fremde, die man zu präsentieren vorgab.

Die Aussagen der Massai gelte es nun auch nochmals zu prüfen. Mzee Ndekiro Orikelele erkannte während des halbtägigen Treffens mit Lutz Mükke in Tansania auf den Fotos auch die Nilpferdpeitsche, die im Waldenburger Museums-Treppenhaus hängt. Der 90-jährige Maasai-Älteste, der seit vierzig Jahren die Geschicke der Gemeinde Enduimeti mitbestimmt, erklärt: „Die Richter an den Kolonialgerichten ließen damit die Verurteilten auspeitschen und weiße Farmer haben ihre schwarzen Arbeiter damit bestraft.“ Die Schläge mit der aus dicker Nilpferdhaut angefertigten Peitschen waren gefürchtet, konnten sie doch tiefe Fleischwunden reißen. Die Nilpferdpeitsche, die sogenannte Kiboko, gilt bis heute als eines der heftigsten Symbole der Kolonialzeit in Afrika. Auf die Frage, ob auch seine Familie von der Kolonialzeit betroffen gewesen sei, antwortet Ndekiro Orikelele so: „Uns gehörten einmal die ganzen fruchtbaren Ebenen östlich von hier bis weit hinüber zum Kilimanjaro. Mein Vater erzählte mir, wie die Deutschen kamen und forderten, binnen drei Tagen sollten alle Massai ihre Gegend verlassen haben. Weiße Farmer, Siedler und Jäger nahmen sich unser Land, wie sie wollten und verboten uns, dort zu jagen und unsere Rinder dort weiter zu weiden.“ Weshalb die Massai nicht im großen Stil zu den Waffen gegriffen hätten, immerhin galten sie damals doch als wehrhaftes Volk, das leicht hätte tausende Krieger aufstellen können? Ndekiro Orikeleles prompte Antwort: „Gegen Maschinengewehre konnten wir nicht kämpfen.“ Eine Erkenntnis, die wohl nicht nur die Massai aus dem Maji-Maji-Aufstand geschlussfolgert hatten. Zwischen 1905 und 1907 waren in diesem Krieg im Süden Deutsch-Ostafrikas je nach Zählart 70.000 bis 300.000 tote Aufständische zu beklagen.

Auf Seiten der deutschen Kolonialarmee lediglich 400, allermeist Lokalkräfte. Solch krasse militärischen Überlegenheiten erreichten europäische Kolonialtruppen weltweit ab 1885 vor allem durch eine militärtechnische Neuerung – das Maxim-Maschinengewehr, das mit 500 und mehr Schuss pro Minute über die Schlachtfelder mähte und dem mit alten Vorderlader-Gewehren, Speeren, Pfeilen, Schwertern, Keulen und Lederschilden nicht mehr beizukommen war.


Tagung

350 Jahre Leipziger Linck-Sammlung. Geschichte und Zeugnisse Leipziger Sammlungskultur

Die Leipziger Apothekerfamilie Linck trug seit dem ausgehenden 17. Jh. eine umfangreiche Naturalien- und Raritätensammlung zusammen, die im 19. Jh. nach Waldenburg verkauft wurde und dort bis heute zu besichtigen ist. Als Zeugnis der reichen Leipziger Sammlungskultur steht diese Sammlung im Zentrum einer Tagung, die das Museum – Naturalienkabinett Waldenburg, das Stadtarchiv Leipzig und die Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit der Universität Leipzig am 1.12.2021 veranstaltet haben. 

Sie ist eine der ältesten und in erstaunlicher Fülle erhaltenen Wunderkammern Europas: Die Sammlung der Leipziger Apothekerfamilie Linck, die seit 1841 im Museum – Naturalienkabinett in Waldenburg bewahrt wird. Als eines von zahlreichen Kabinetten im Leipzig des 17. und 18. Jahrhunderts avancierte sie zu einem Ort zentraler gesellschaftlicher Relevanz und zur Keimzelle moderner Museen: Sie war Experimentier- und Diskursort über das Wissen um die Welt, Begegnungsraum der 'Alten Welt' mit der 'Neuen Welt' und dem Fremden sowie städtischer Lernort für Akademiker, 'Dilettanten' und ein sich allmählich herausbildendes und partizipierendes öffentliches Publikum. Zu ihrem 350-jährigen Bestehen richtet die wissenschaftliche Tagung in Kooperation dreier Institutionen ihren Fokus auf die besonderen Voraussetzungen und Netzwerke, die Leipzig als überregional bedeutsame Universitäts-, Messe- und Buchstadt für die Sammlungsgenese bot. Unter Einbezug einschlägiger historischer Quellen versteht sich die Tagung außerdem als wissenschaftliche Bestandsaufnahme und fragt nach weiterführenden Perspektiven zur Erforschung dieser einzigartigen Sammlung.

 

Derzeit ist der Tagungsband in Vorbereitung, der vermutlich Ende 2022/Anfang 2023 erscheinen wird.

Eine Kooperation von

Programm

Begrüßung und Einführung

09:00-09:10 Uhr: Tagungseröffnung (Dr. Michael Ruprecht, Direktor Stadtarchiv Leipzig)

09:10-09:30 Uhr: Grußworte (Ulrich Hörning, Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung, Stadt Leipzig / Bernd Pohlers, Bürgermeister der Stadt Waldenburg)

09:30-10:00 Uhr: Fragen an die Linck-Sammlung. Das barocke Naturalienkabinett im Fokus der Forschung (Fanny Stoye, Leiterin Museum – Naturalienkabinett Waldenburg)

 

Panel I: Sammelkultur in Leipzig – das Kabinett als Begegnungsort

Moderation: Dr. Michael Ruprecht

 

10:00-10:30 Uhr: "Ferner ist in Leipzig noch bis dato zu sehen…" Das Leipziger Sammelwesen der Frühen Neuzeit im Überblick (Dr. Karsten Hommel, Franckesche Stiftungen zu Halle)

10:30-11:00 Uhr: Besucher der Leipziger Sammlung(en) Winckler (und Richter): Ein "Who's who" der Kunst- und Geisteswelt um 1800 (Sven Pabstmann, MLU Halle-Wittenberg)

 

11:00-11:30 Uhr: Kaffeepause

 

Panel II: Die Lincksche Sammlung – eine Materialkammer?

Moderation: Prof. Dr. Julia A. Schmidt-Funke

 

11:30-12:00 Uhr: Pharmazie und Medizin in der Linck-Sammlung. Die Lincks als medizinische Apotheker (Prof. Dr. Ingrid Kästner i.R., Universität Leipzig)

12:00-12:30 Uhr: Im Schatten der Naturgeschichte: Archäologisches in der Linck-Sammlung (Prof. Dr. Ulrich Veit, Universität Leipzig)

12:30-13:00 Uhr: Die Lincksche Siegelerdensammlung: Ist eine digitale Rekonstruktion möglich? (Prof. Dr. Gerhard Heide, TU Bergakademie Freiberg)

 

13:00-14:00 Uhr: Mittagspause

 

Panel III: Netzwerk Linck-Sammlung – Sammeln, Forschen, Diskutieren

Moderation: Fanny Stoye

 

14:00-14:30 Uhr: Johann Heinrich Linck der Ältere (1674 – 1734) und Johann Jakob Scheuchzer (1672 – 1733) als Vertreter der res publica litteraria im Spiegel ihrer Kontakte zu anderen Sammlern, Verlegern und Illustratoren. Ein Ansatz zu einer Netzwerkanalyse? (Torsten K.D. Himmel, Universität Stuttgart)

14:30-15:00 Uhr: Leipzig – Dresden verlinckt: Verbindende Spurensuche am Beispiel der "Americanischen Printzen" (Dr. Christina Ludwig, Stadtmuseum Dresden)

 

Panel IV: Verändert, verstreut – und verloren?

Moderation: Dr. Christina Ludwig

 

15:00-15:30 Uhr: Sterben – und Erben. Vererbung der Nachlässe Linck im Spiegel der Quellen (Dr. Michael Ruprecht, Stadtarchiv Leipzig)

 

15:30-16:00 Uhr: Kaffeepause

 

16:00-16:30 Uhr: Das Bilderwissen in der Aufklärungszeit. Wie die Linck-Sammlung in der UB Leipzig präsent ist (Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Universitätsbibliothek Leipzig )

16:30-17:00 Uhr: Problemfall Präparation. Die Umarbeitung der Linckschen Tierpräparate seit 1840 (Sandy Nagy, Museum – Naturalienkabinett Waldenburg)

 

17:00-17:15 Uhr: Pause

 

Kommentar und Ausblick

 

17:15-18:00 Uhr: Die Welt in der Stadt. Städtische Sammlungslandschaften im 18. Jahrhundert – Konturen eines Forschungsfeldes (Prof. Dr. Julia A. Schmidt-Funke, Universität Leipzig / Prof. Dr. Holger Zaunstöck, Franckesche Stiftungen zu Halle)


Glanz, Farbe & Experiment I

Barockes Glas - Kooperation mit dem Grünen Gewölbe Dresden

Die barocke Glassammlung der Lincks umfasst eine Reihe wissenschaftlich bedeutsamer Spezialkonvolute, die derzeit in Kooperation mit anderen Institutionen untersucht werden. Gemeinsam mit dem Grünen Gewölbe der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und dem Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf wird die Zusammensetzung der Waldenburger "Glasflüsse" (oder auch Rubinflüsse) mittels zerstörungsfreier Glasanalyse PIXE/PIGE bestimmt. Im Raum steht die These, dass diese Glasflüsse zu den ältesten Überlieferungen aus der Rubinglasproduktion des Alchemisten Johannes Kunckel (1630-1703) gehören und ihre Materialanalyse wertvolle Anhaltspunkte zur Datierung und womöglich dem Herstellungsort der frühen Rubingläser liefert. 

 

Auf einem rubinroten Glas ist eine geschnittene Raupe zu erkennen

Glanz, Farbe & Experiment II

Barocke Glasflitter - Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg

Eine aktuelle Kooperation mit der TU Bergakademie Freiberg, Lehrstuhl für Mineralogie, gilt einer weiteren Spezialsammlung historischen Glases. "Glasglanz" oder auch als Glasflitter bezeichnete farbige Glasplättchen des 18. Jahrhunderts aus der Linck-Sammlung werden auf ihre Entstehungszusammenhänge und die farbgebenden Ionen befragt. Glasflitter wurden seit dem 17. Jahrhundert als reflektierendes Material bei Farbfassungen etwa an Architekturelementen, als Zusatz in Malmaterialien oder als veredelndes Element im kunsthandwerklichen Bereich genutzt. Oft handelte es sich hier um Importware aus Frankreich oder Italien. Aber auch in Sachsen wurde das Wissen um moderne Technologien und die Materialien der Region immer wichtiger, um diese Stoffe aus der eigenen Glasproduktion zu gewinnen. Den bekanntesten Bestand dieser Art bildet ein historischer Sammlungsschrank des Chemikers Giovanni Francisco Vigani (ca. 1650-1712), der im Queens College in Cambridge aufbewahrt wird. In Waldenburg hat sich offenbar das europaweit größte Konvolut an historischen Glasflittern erhalten. 

Cookie Einstellungen

Wir verwenden auf dieser Website mehrere Arten von Cookies, um Ihnen ein optimales Online-Erlebnis zu ermöglichen, die Nutzerfreundlichkeit unseres Portals zu erhöhen und unsere Kommunikation mit Ihnen stetig zu verbessern. Sie können entscheiden, welche Kategorien Sie zulassen möchten und welche nicht (mehr dazu unter „Individuelle Einstellung“).
Name Verwendung Laufzeit
privacylayerStatusvereinbarung Cookie-Hinweis1 Jahr
Name Verwendung Laufzeit
_gaGoogle Analytics2 Jahre
_gidGoogle Analytics1 Tag
_gatGoogle Analytics1 Minute
_galiGoogle Analytics30 Sekunden