Grundlagenprojekt zum Nachlass Moritz Meurer startet
Seit 1943 ist das Naturalienkabinett im Besitz des Nachlasses des Künstlers und Kunstgewerbereformers Moritz Meurer (1839–1916), der in Waldenburg geboren wurde. Der Nachlass mit rund 16.000 Kunstwerken wie Grafiken und Fotografien, Dokumenten und Korrespondenzen spiegelt die Entwicklung der europäischen Kunstgewerbelehre und der angewandten Künste um 1900 und ist gleichfalls von internationaler Bedeutung für die Geschichte der Designausbildung und des künstlerischen Naturstudiums.
In einem nun gestarteten Grundlagenprojekt von September 2024 bis Dezember 2024 wird dieses Sammlungsjuwel erstmals fachwissenschaftlich durch die Kunsthistorikerin Dr. des Angela Nikolai gesichtet und bewertet werden. Ziel des Projektes ist es, Meurer im internationalen Kanon der Kunstgewerbe- und Design-Pioniere wieder fest zu verankern. Während Meurer zeitgenössisch als Protagonist eines neuen Naturstudiums rezipiert und eminent staatlich gefördert wurde, ist er heute kaum noch bekannt, im Gegensatz zu seinem Schüler, Assistenten und Kollegen Karl Blossfeldt (1865–1932). Meurers zukunftsweisende Kunstformenlehre beruhte auf einer intensiven Auseinandersetzung mit den Grundprinzipien natürlicher Formenbildungen und insbesondere von Pflanzen, denen er historische vegetabile Ornamentformen von den frühen Hochkulturen bis zur Renaissance gegenüberstellte. Seine modernen Arbeiten waren demnach kein radikaler Bruch mit den historischen Stilen, sondern vielmehr eine revolutionäre Weiterentwicklung.
Zusammen mit der Sichtung des Nachlasses soll auch das internationale Netzwerk Meurers zu Kunstgewerbeschulen, Museen und Vertretern verschiedener Natur-, Kunst- und Geschichtswissenschaften rekonstruiert werden: Hierzu gehörten u.a. die führenden Kunstgewerbeschulen in Dresden, Halle/Saale mit ihrem Direktor Paul Thiersch (1879–1928) oder Düsseldorf mit dem Architekten und Designer Peter Behrens (1868–1940), Institutionen wie der Deutsche Künstlerverein in Rom und die Deutschen Archäologischen Institute in Berlin und Rom, die Sammlungen der Berliner Museen, des Archäologischen Nationalmuseums Neapel und des British Museums London sowie einzelnen Personen wie der Ägyptologe und Botaniker Georg Schweinfurth (1836–1925).
Ermöglicht wird das Projekt durch die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Sächsische Landesstelle für Museumswesen. Die Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes. Ebenfalls unterstützt der WunderkammerRat e.V. als Freundeskreis des Museums das Projekt. Allen Förderern ist herzlich zu danken.